Neue Struktur und neuer Zukunftstarifvertrag Einigung bei Bopp & Reuther

Interessenausgleich und Sozialplan zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat nach monatelangen Verhandlungen abgeschlossen. Neuer Zukunftstarifvertrag des Unternehmens mit der IG Metall sichert Standort Mannheim und Beschäftigung bis Ende 2029.

Solidarität gewinnt

12. Dezember 2025 12. Dezember 2025


Interessenausgleich und Sozialplan zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat nach monatelangen Verhandlungen abgeschlossen

Neue Unternehmensstruktur und Personalabbau – Umsetzung über Freiwilligenprogramm mit Transfergesellschaft

Neuer Zukunftstarifvertrag des Unternehmens mit der IG Metall sichert Standort Mannheim und Beschäftigung bis Ende 2029

Hahl: Mehr Sicherheit und Zukunft für die verbleibende Belegschaft und den Mannheimer Industriestandort – Wir brauchen mehr Mut!

Bild: Thomas Hahl, Geschäftsführer IG Metall Mannheim und Oliver Döppner, Geschäftsführer Bopp+Reuther.

Einigung auf dem Waldhof: Nach mehr als elf Monaten intensiver Gespräche und Verhandlungen zwischen Unternehmen und Betriebsrat sowie der IG Metall um die Zukunft des traditionsreichen Industrieunternehmens Bopp & Reuther Valves im Mannheimer Stadtteil Waldhof gibt es nun mehrere Vereinbarungen, die beide Seiten unterzeichnet haben. Die Informationen dazu wurden in dieser Woche der Belegschaft vorgestellt.

Das Unternehmen hatte im Januar 2025 angekündigt, sein Kerngeschäft neu ausrichten zu wollen und dies mit einem Arbeitsplatzabbau von bis zu 80 Arbeitsplätzen zu verbinden. Dies hätte etwa jeden dritten Arbeitsplatz am Standort Mannheim betroffen.

Die wesentlichen Elemente der Einigung sind nun ein zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern ausgehandelter Interessenausgleich zur Umsetzung der neuen Struktur, ein Freiwilligenprogramm mit Transfergesellschaft, Abfindungs- und Altersteilzeitregelungen sowie ein Sozialplan für die betroffenen Beschäftigten. Außerdem haben sich Management und IG Metall Mannheim parallel zu den Betriebsparteien auf den Abschluss eines Zukunftstarifvertrags für den Standort Mannheim-Waldhof geeinigt, der eine Standort- und Beschäftigungssicherung bis Ende des Jahrzehnts beinhaltet.

Der Armaturenspezialist aus der Carl-Reuther-Straße mit über 150jähriger Industriegeschichte in Mannheim, der seit einigen Jahren zum britischen IMI-Konzern gehört, bleibt bei seiner Entscheidung einer „Neuausrichtung auf das künftige Kernbetätigungsfeld Nuklear- und Sicherheitsventile“.  In Abstimmung mit der Konzernleitung sollen „umfassende Transformationsprozesse“ durchgeführt werden, „um die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs für die Zukunft sicherzustellen.“ Die nun vorgesehenen Umstrukturierungen betreffen nun u.a. die Schließung des bis dato noch am Standort verbliebenen Power-/konventionellen Kraftwerks-Bereich. Neben der Fertigung sind aber auch viele andere Bereiche wie Vertrieb, Engineering, IT, Ausbildung von den Änderungen betroffen.

 

Zuletzt hatte Bopp & Reuther Valves noch 224 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Der in den Vereinbarungen enthaltene Personalabbau sieht nun den Abbau von 41 Arbeitsplätzen am Standort sowie vier Versetzungen innerhalb des Konzerns vor. Dies soll vorrangig über ein sogenanntes Freiwilligenprogramm umgesetzt werden. Die vom Abbau Betroffenen erhalten dabei u.a. die Möglichkeit, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, in der sie Profiling, Qualifizierung und Unterstützung erhalten sowie zügig wieder in den Arbeitsmarkt vermittelt werden sollen. Außerdem soll der angestrebte Personalabbau auch durch reguläre Fluktuation, Auslaufen befristeter Arbeitsverträge und Ausbildungsende erreicht werden. So sollen, wie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter signalisierten, möglichst keine betriebsbedingten Kündigungen ab März 2026 notwendig sein.

Der zeitgleich abgeschlossene Zukunftstarifvertrag zwischen Bopp & Reuther Valves und der IG Metall Mannheim beinhaltet darüber hinaus detaillierte Regelungen zu künftigen, Kompetenzen, Tätigkeiten oder Produktportfolio in Mannheim. Ein neu zu bildendes Zukunftsteam, bestehend aus Geschäftsleitung und Betriebsrat, kümmert sich gemeinsam um nachhaltige Prozesse und Entscheidungen für den Standort. Für die Beschäftigten enthält der neue Tarifvertrag außerdem Regelungen zu Qualifizierungen, künftiger Ausbildung in Mannheim sowie eine Standort- und Beschäftigungssicherung mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2029 nach Umsetzung der jetzt beschlossenen Maßnahmen.

„Fast ein Jahr harten Ringens sind vorbei“, kommentiert Jürgen Laier, Betriebsratsvorsitzender von Bopp & Reuther in Mannheim, die Einigung. „Wir hatten schlimmste Befürchtungen, was den drastischen Abbau von Beschäftigung und die Zukunft von Bopp & Reuther überhaupt anging. Viele Kolleginnen und Kollegen hatten über eine sehr lange Zeit Ängste, Zweifel, Unsicherheit. Für alle Beteiligten war das ein extremer Kraftakt. Aber das Ringen und die damit verbundenen Mühen lohnen sich. Denn: Eine weitere Eskalation war nicht nötig. Wir konnten uns schließlich auf ein von beiden Seiten getragenes Ergebnis einigen. “

„Wir bewerten die vom Arbeitgeber angeführten wirtschaftlichen Gründe kritisch“, ergänzt Laier. „Die geplanten Maßnahmen beruhen überwiegend auf strategischen Konzernentscheidungen, die mittel- und langfristig Folgen für Absatzmärkte, Leistungsfähigkeit und Flexibilität des Standorts nach sich ziehen werden. Unsere von der Betriebsverfassung vorgesehenen Rechte waren ausgeschöpft.  Die Umsetzung der Maßnahmen können wir aufgrund der Rechtslage leider nicht verhindern. Das ist bitter und traurig. Was uns aber gelungen ist, ist eine größtmögliche Reduzierung des Arbeitsplatzabbaus sowie vernünftige, soziale und materielle Regelungen für alle Betroffenen, junge wie ältere. Besonders freut uns die Etablierung einer gut ausgestatteten Transfergesellschaft sowie der Abschluss des Zukunftstarifvertrags. Der Standort Waldhof lebt und ist damit für die Zukunft sicherer und besser aufgestellt.“

Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, stellt die Bedeutung der Einigung heraus:

„Zunächst die gute Seite der Medaille: Bopp & Reuther bleibt in Mannheim, bleibt tarifgebunden und sichert für die verbleibende Belegschaft Arbeitsplätze, Beschäftigung, Investitionen und Zukunft.  Das ist innovativ und eine gute Nachricht in diesen turbulenten Tagen! Die betrieblichen Regelungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden mit dem neuen Zukunftstarifvertrag sehr gut flankiert. Der Vertrag gibt Sicherheit und Struktur, damit Zukunft geschaffen wird und Prozesse, mit Beteiligung der Ideen und Vorschläge der Beschäftigten, optimiert werden können.“

„Damit steht Bopp & Reuther in einer Reihe mit Daimer Truck/ Daimler Buses und auch ZF WABCO in Mannheim, die auch Zukunftstarifverträge vereinbart haben“, lobt Hahl. „Wir brauchen dringend mehr davon! Wir brauchen mehr Mut von den Entscheiderinnen und Entscheidern, hier in der Region Beschäftigung, Know-how und Wertschöpfung für die deutsche Industrie zu sichern.“

„Der Arbeitsplatzabbau bleibt trotzdem bitter“, ergänzt Hahl. „Es liegt leider letztlich nicht in unseren rechtlichen Handlungsmöglichkeiten, solche strategischen Entscheidungen zu verhindern. Aber was hier wir erleben ist, dass Mitbestimmung wirkt und Kraft für gute Regelungen in solch schwierigen Situationen gibt. Wir erleben leider nur all zu oft, wie in betriebsratslosen Betrieben über die Köpfe der Betroffenen „hinwegregiert“ wird, ohne jegliche soziale Regelungen und Unterstützungen bei Arbeitsplatzabbau. Hier bei Bopp & Reuther ist das nicht der Fall. Daher gilt mein großer Respekt und Dank allen Beteiligten, die sich für eine gute Einigung engagiert haben.“